Burma: Regierung wird international wegen Rakhine kritisiert

Gewalt und Vertreibungen durch die burmesische Armee, die sich gegen Angehörige der Rohingya-Minderheiten im Westen Burmas richten, führen zu diplomatischen Spannungen. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi steht massiv in der Kritik.

Seit etwa 25 Jahren gilt Aung San Suu Kyi als Ikone für Menschenrechte, Demokratie und gewaltfreien Protest. Dafür erhielt sie vor 25 Jahren die Sacharow-Auszeichnung und später den Friedensnobelpreis. Doch jetzt steht die 71-jährige burmesische Aussenministerin, die de facto auch das Amt der Staatspräsidentin ausübt, selbst in der Kritik.

Irritierendes Schweigen der Ikone

Ihr Schweigen gegenüber dem Schicksal der muslimischen Rohingya, die in Burma als staatenlose «Bangla» gelten und im Westen des Landes offenbar der Willkür der burmesischen Armee ausgesetzt sind, hat international für Entrüstung gesorgt, vor allem in muslimischen Staaten. Gemäss Angaben von Hilfsorganisationen sowie der Uno sind im Rakhine State an der Grenze zu Bangladesh Tausende von Rohingya von burmesischen Soldaten vertrieben worden.

Am Wochenende ist der frühere Uno-Generalsekretär Kofi Annan, den Suu Kyi im August als Sondergesandten berufen hatte, im Krisengebiet eingetroffen. Satellitenbilder scheinen derweil zu bestätigen, dass zahlreiche Dörfer vernichtet worden sind. Bangladesh, das wie Indien, Thailand, Malaysia und Saudiarabien in der Vergangenheit zahlreiche Flüchtlinge aufgenommen hat, ist offenbar nicht länger bereit, die Vertriebenen zu akzeptieren, und schickt sie an der Grenze zurück.

Suu Kyi hat bisher tatsächlich wenig zur Entspannung im Krisengebiet und zur Beschwichtigung ihrer Kritiker unternommen. Vor Geschäftsleuten in Singapur betonte sie in der vergangenen Woche, dass es ohne Aussöhnung mit Minderheiten keinen Frieden und ohne Frieden keinen nachhaltigen Aufschwung geben könne. Zur Lage im Rakhine State äusserte sie sich indessen nicht.

Ungenügende Kontrolle über die Armee

Auch die Einsetzung einer dreizehnköpfigen Kommission durch die burmesische Regierung, die die Vorwürfe gegen die Armee untersuchen soll, wird von internationalen Beobachtern nicht ernst genommen. Phil Robertson, der Asien-Direktor von Human Rights Watch, bemängelt beispielsweise, dass in diesem Gremium Muslime gar nicht vertreten seien. Die Kommission wird zudem vom früheren Junta-Mitglied Myint Swe geleitet, der heute das Amt des zweiten Vizepräsidenten bekleidet. Der frühere General hatte sich 2007 in Rangun mit der Niederschlagung der Safran-Revolution einen Namen gemacht.

Berichte über Gewalt und ethnisch-religiös motivierte Vertreibungen gegenüber der muslimischen Minderheit haben auch zu diplomatischen Verstimmungen innerhalb der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean geführt. Ein für Samstag geplanter Besuch von Aung San Suu Kyi in Indonesien war vor Wochenfrist in beidseitigem Einvernehmen abgesagt worden. Zuvor war es im bevölkerungsreichsten muslimischen Land aus Solidarität mit den Rohingya in mehreren Städten zu Strassendemonstrationen gekommen.

Koran und Glaube als politisches Werkzeug

Die Stimmung in der Hauptstadt Jakarta präsentiert sich derzeit ohnehin politisch aufgeheizt. Radikale Muslime polemisieren seit Wochen gegen den christlichen Gouverneur Jakartas. Basuki «Ahok» Tjahaja Purnama, dem ersten chinesischstämmigen Gouverneur, wird auf perfide Art Gotteslästerung vorgeworfen; gegen ihn laufen entsprechende Untersuchungen. Da im Februar Erneuerungswahlen anstehen und Basuki kandidiert, geht es in Wirklichkeit aber eher darum, ihn politisch ins Abseits zu manövrieren.

Eine seltsame Entwicklung ist auch in Malaysia im Gang: Dort hat sich am Sonntag Premierminister Najib Razak an die Spitze einer Protestbewegung gestellt und vor 15 000 Menschen der burmesischen Regierung «Genozid» vorgeworfen. Suu Kyi beschuldigte er, den Dialog, den Kuala Lumpur über seinen Aussenminister gesucht hatte, zu verweigern. Auf provokative Art warf Najib die Frage auf, wozu der Friedensnobelpreis (für Suu Kyi) denn gut sei. Ferner forderte er die Organisation islamischer Staaten (OIC) sowie die Uno auf, die Gewalt gegen die Rohingya zu stoppen.

Nationalreligiöse Selbstinszenierung Najibs

Dass Regierungschefs von Asean-Staaten ihre Meinungsverschiedenheiten öffentlich und unverblümt austragen, ist aussergewöhnlich. Der Grundsatz, sich nicht in die jeweiligen inneren Angelegenheiten einzumischen, ist in der Charta der Zehnergemeinschaft verankert und wird – auch aus Eigennutz – in der Regel von allen befolgt. Das burmesische Aussenministerium hatte Najib am Freitag noch geraten, sich zurückzuhalten, von einem öffentlichen Auftritt abzusehen und diplomatische Wege einzuhalten.

Najibs Selbstinszenierung als Hüter der Muslime und der Menschenrechte ist indessen durchsichtig und derzeit rein innenpolitisch motiviert. Der angeschlagene Partei- und Regierungschef, gegen den international wegen Korruption und Geldwäsche ermittelt wird, muss wegen seiner abbröckelnden Popularität dringend malaiisch-muslimische Stimmen hinter sich scharen. Nach dem Ausspielen der ethnisch-religiösen Karte im Innern, die zusehends an nationalsozialistische Taktiken erinnert, zögert er nicht, nun auch ausländische Feindbilder zu zeichnen. Im Asean-Raum neueren Datums ist das noch gewöhnungsbedürftig, besonders mit Suu Kyi als Zielscheibe.

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emi_rambus
Gast
emi_rambus
5. Dezember 2016 8:20 am

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In Burma gibt es einen Gegenprotest!

Malaysian PM’s demands meet with Yangon protests
http://www.bangkokpost.com/news/asean/1151629/malaysian-pms-demands-meet-with-yangon-protests