BANGKOK: Der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim hat in Burma einen bedeutenden Durchbruch erzielt: Er sicherte sich die Freilassung von 4.800 Gefangenen und eine Verlängerung der Waffenruhe. In Gesprächen mit der birmanischen Junta und Oppositionsgruppen setzt er sich für Frieden und humanitäre Hilfe inmitten des andauernden Konflikts ein.
Am Donnerstag verkündete Anwar Ibrahim bei einer Pressekonferenz in der malaysischen Botschaft in Bangkok beachtliche Fortschritte nach seinem Treffen am Mittwoch mit General Min Aung Hlaing, dem Chef der burmesischen Junta. Am Vorabend hatte das Regime, das am 1. Februar 2021 durch einen Staatsstreich an die Macht kam, 4.800 Inhaftierte freigelassen.
Darüber hinaus bestätigte Ibrahim, dass er auch mit hochrangigen Vertretern der Nationalen Einheitsregierung (National Unity Government, NUG) in Birma gesprochen habe. Infolgedessen werde die derzeit geltende Waffenruhe über den kommenden Dienstag, den 22. April, hinaus verlängert. Anwar sieht damit die Chance für einen möglichen Friedensprozess in dem von Konflikten erschütterten südostasiatischen Land.
Der Premierminister Malaysias bestätigte am Donnerstag, dass seine Gespräche mit General Min Aung Hlaing fruchtbar gewesen seien – so fruchtbar, dass noch am selben Abend 4.800 Gefangene freigelassen wurden.
Diese Freilassung wird als Zeichen des guten Willens der Junta gewertet, sich weiter an Gesprächen zu beteiligen. Gleichzeitig enthüllte Anwar bei der Pressekonferenz in Bangkok, dass er bereits am Donnerstag mit führenden Vertretern der Nationalen Einheitsregierung gesprochen habe.
Die Nationale Einheitsregierung: Eine echte Oppositionskoalition mit ziviler und militärischer Unterstützung für eine föderale Zukunft
Die Nationale Einheitsregierung führt die Widerstandsbewegung an. Sie setzt sich aus vielen Abgeordneten zusammen, die bei den letzten freien Wahlen im November 2020 gewählt wurden. Sie vereint gewählte Vertreter, zivile Organisationen und mächtige ethnische Milizen mit dem gemeinsamen Ziel einer neuen, flexibleren Föderation Birmas.
Außerdem befehligt sie die Volksverteidigungskräfte (People’s Defence Forces, PDF), die gegen das verhasste Militär, die Tatmadaw, kämpfen. Diese operieren oft in enger Zusammenarbeit mit ethnischen Milizen.
Am Dienstag und Mittwoch gab es Widerstand gegen eine Initiative des ASEAN-Vorsitzes, vor allem in Malaysia, Bangkok und Burma. Der Grund: fehlender Einbezug der prodemokratischen Kräfte. Derzeit gilt die nationale Einheitsregierung als die dominierende Kraft im birmanischen Bürgerkrieg.
Die Junta ist geschwächt und kontrolliert nur noch rund 30 % des Landes, das sowohl vom Krieg als auch von einem schweren Erdbeben betroffen ist. Es gibt Zweifel daran, wie lange sich die Truppen von General Min Aung Hlaing noch halten können. In den letzten Monaten konzentrierten sich Angriffe der Rebellen auf die Hauptstadt Naypyidaw und die Wirtschaftsmetropole Rangun.
Junta bleibt defensiv – Waffenruhe begrüßt – Malaysischer Premier ruft zum Ende von Luftangriffen auf
Trotz der Verlängerung der Waffenruhe wird erwartet, dass sich die Junta mithilfe ihrer Luftwaffe noch längere Zeit verteidigen könnte.
Der Dialog mit der Nationalen Einheitsregierung wurde weitgehend positiv aufgenommen. Der malaysische Premier bestätigte die Verlängerung der Waffenruhe, die am 22. April ausläuft.
Diese Waffenruhe wurde bisher vor allem in den vom Erdbeben betroffenen Gebieten rund um Mandalay eingehalten – überwiegend von der Junta kontrolliertes Territorium. Währenddessen setzte das Militär seine Luftangriffe auf Rebellenstellungen fort, insbesondere nachdem kürzlich ein wichtiger Stützpunkt im Bundesstaat Karen verloren ging.
Dort kam es zu heftigen Gefechten und Blutvergießen nahe der thailändischen Grenze in der Provinz Tak.
„Mein erster Austausch mit dem Premierminister der SAC (Junta) und der NUG war sehr erfolgreich“, sagte Anwar am Donnerstag. „Unsere Priorität ist die humanitäre Hilfe. Es muss eine Waffenruhe geben. Die Sicherheit aller Helfer muss gewährleistet sein.“
ASEAN tagt in Bangkok – Shinawatra lädt regionale Führer in Luxushotel ein
Im Anschluss berichtete Anwar Ibrahim, dass die ASEAN-Vorsitzgruppe unter Leitung des ehemaligen thailändischen Premierministers am Mittwochabend im Rosewood Hotel der Familie Shinawatra in Bangkok zusammengekommen sei.
Der Premierminister und die ASEAN-Staaten wollen nun das sogenannte Fünf-Punkte-Konsenspapier wiederbeleben – das bisherige ASEAN-Friedenskonzept. Die Junta hatte dieses später abgelehnt und versuchte stattdessen, die Rebellion militärisch niederzuschlagen – ein Versuch, der klar gescheitert ist.
Anwar hob besonders die Rolle des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra hervor, der als Berater des ASEAN-Vorsitzes fungiert. Dessen umfangreiche Kontakte, insbesondere zu Oppositionsgruppen, seien entscheidend für den Dialog und Vertrauensaufbau.
Zugleich warnte Anwar vor geplanten Wahlen unter der Junta. „Wahlen dürfen nur unter friedlichen Bedingungen stattfinden und müssen frei und fair sein“, betonte er.
Anwar: Waffenruhe ist Wendepunkt – Hilfe muss in sichere Gebiete gelangen können
In der Pressekonferenz in Bangkok unterstrich Anwar die Bedeutung der Waffenruheverlängerung. „Es darf keine Provokationen geben, sonst scheitert die gesamte humanitäre Mission“, sagte er. Ein sicheres Umfeld sei unerlässlich, um Hilfsgüter in die vom Erdbeben und Konflikt betroffenen Gebiete zu bringen.
Die Waffenruhe wurde erstmals am 2. April nach dem Erdbeben vom 28. März mit einer Stärke von 7,7 ausgerufen – über 3.700 Tote und mehr als 5.100 Verletzte. Die neue Waffenruhe soll den Zugang zu umkämpften Regionen erweitern.
Als amtierender ASEAN-Vorsitz betonte Anwar: „ASEAN darf nicht passiv bleiben. Der Fünf-Punkte-Konsens ist unser Rahmen – beide Seiten müssen sich verpflichten. Ein teilweiser Waffenstillstand bringt nichts.“
Beide Seiten – Junta und NUG – zeigten sich laut Anwar offen für weiteren Dialog unter ASEAN-Vermittlung.
Am Donnerstagmorgen sprach Anwar telefonisch mit U Mahn Win Khaing Than von der NUG. Thema waren neben der humanitären Hilfe auch der Beginn eines dauerhaften politischen Dialogs. Der NUG-Führer signalisierte die Bereitschaft zu einem persönlichen Treffen – ein möglicher Meilenstein in der ASEAN-Diplomatie.
Anwar warnt vor überstürzten Wahlen – Humanitärer Vorstoß als Türöffner für Friedensprozess
Parallel bestätigte Anwar, dass er am Vorabend General Min Aung Hlaing im Rosewood Hotel persönlich getroffen habe. Das Gespräch sei „offen und konstruktiv“ gewesen. Der Junta-Chef habe die Notwendigkeit erkannt, Stabilität wiederherzustellen, einschließlich medizinischer Versorgung und Hilfszentren in Erdbebengebieten.
Anwar hob erneut Thaksin Shinawatras Rolle als Berater hervor: „Sein Netzwerk, besonders zu Oppositionsgruppen, ist essenziell für Vertrauen und Dialog.“
Er äußerte deutliche Bedenken gegenüber den von der Junta geplanten Wahlen: „Ich habe betont, dass Wahlen nur unter friedlichen, inklusiven Bedingungen stattfinden dürfen. Überstürzte oder manipulierte Wahlen würden die Krise verschärfen.“
Trotz positiver Entwicklungen bleibt die Lage angespannt. Internationale Beobachter und UN-Quellen berichten von anhaltenden Militäreinsätzen, insbesondere in Grenzstaaten wie Karen.
Dennoch bleibt Anwar optimistisch: Die Ereignisse dieser Woche könnten den Beginn eines umfassenden politischen Prozesses markieren.
- Quelle: Thai Examiner (dir)
- Quelle: STIN // KI