Die Drogenfahnder in Ostasien melden wachsende Erfolge im Kampf gegen den organisierten Drogenhandel. Im vergangenen Jahr wurden in der Region insgesamt 236 Tonnen Methamphetamin beschlagnahmt – ein Anstieg von 24 Prozent im Vergleich zu 2023. Laut dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) konzentrierten sich die größten Funde auf den Süden der Region.
Besonders Thailand rückte ins Zentrum der Ermittlungen: Dort beschlagnahmten die Behörden allein rund 130 Tonnen Methamphetamin – ein Rekordwert. Hauptursprungsort bleibt das sogenannte „Goldene Dreieck“, das sich über die Dschungelgebiete von Myanmar, Thailand und Laos erstreckt.
Trotz der erfolgreichen Einsätze bleibt das Ausmaß des Problems besorgniserregend. Benedikt Hofmann, amtierender UNODC-Regionalvertreter für Südostasien und den Pazifik, warnte: „Die beschlagnahmten Mengen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die tatsächliche Produktion und Verbreitung des Methamphetamins im Goldenen Dreieck, insbesondere im Shan-Staat Myanmars, hat ein beispielloses Niveau erreicht.“
Ein weiteres Schlaglicht auf das Problem warf Indonesien: Nach monatelanger verdeckter Ermittlung meldete die dortige Drogenbehörde im Juni die bislang größte Methamphetamin-Razzia des Landes. Zwei Tonnen der Droge im geschätzten Straßenwert von bis zu 400 Millionen US-Dollar wurden sichergestellt.
Myanmar bleibt ein blinder Fleck im Kampf gegen den Drogenhandel. Seit dem Militärputsch 2021 versinkt das Land in einem blutigen Bürgerkrieg. Experten vermuten, dass die Militärjunta und verbündete Gruppen gezielt vom Drogenhandel profitieren, um ihre Kriegskassen zu füllen. Trotz der gestiegenen Zahl der Sicherstellungen blieben die Straßenpreise für Methamphetamin in der Region stabil oder sind sogar gesunken – ein Hinweis auf das weiterhin wachsende Angebot, so der Sicherheitsexperte Zachary Abuza.
Evolving, cell-based transnational organized crime groups based in East and #SoutheastAsia are increasingly adopting technologies across the entire drug supply chain while converging with other organized crime activities.
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— UNODC Southeast Asia-Pacific (@UNODC_SEAP) May 28, 2025
Während Methamphetamin vor allem im Shan-Staat produziert wird, entwickelt sich die Herstellung von Ketamin zunehmend in Kambodscha zu einem Problem. Parallel dazu verlagern sich die Produktionsstätten für Fentanyl zunehmend nach Myanmar, da China international stärker unter Druck steht, den Export des Opioids einzudämmen.
Cyberbetrug überholt Drogenhandel
Doch nicht mehr der Drogenhandel ist das lukrativste Geschäft der organisierten Kriminalität in Südostasien. In den letzten Jahren hat sich der Fokus vieler Netzwerke auf die sogenannte Cyberscam-Industrie verlagert – groß angelegte Online-Betrugsmaschen, die längst ein eigenes kriminelles Wirtschaftssystem geschaffen haben. Laut dem United States Institute of Peace betrug das geschätzte Volumen dieser Betrugswirtschaft allein auf dem südostasiatischen Festland bis zu 42 Milliarden US-Dollar – eine Summe, die fast ein Drittel der formellen Wirtschaft in Kambodscha, Laos und Myanmar ausmacht.
UN-Experten schlagen inzwischen Alarm: Die Cyberscam-Krise habe das Ausmaß einer humanitären Katastrophe angenommen. Hunderttausende Menschen sollen unter Zwang und in sklavenähnlichen Bedingungen in Betrugsnetzwerken arbeiten.
China und die USA verschärften ihre Maßnahmen gegen den Online-Betrug und gingen gezielt gegen Netzwerke in Kambodscha und Myanmar vor. Peking drängt zudem militante Gruppen in Myanmar, ihre Betrugsoperationen einzustellen, und setzt auch Thailand unter Druck, entlang der Grenzen zu Myanmar und Kambodscha härter gegen die kriminellen Netzwerke vorzugehen.
Die Verflechtung zwischen Drogenhandel, Geldwäsche und Online-Betrug ist inzwischen eng. Analysten vermuten, dass der Boom der Cyberscam-Industrie ursprünglich aus dem Geldwäschesystem für Drogengelder entstand. Die Regierung Singapurs reagierte zuletzt mit verschärften Anti-Geldwäsche-Maßnahmen und großangelegten Razzien gegen mutmaßliche Geldwäscher.
Dennoch bleiben viele Regierungen der Region zurückhaltend. Der Sicherheitsexperte Zachary Abuza erklärt: „In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit wird Geldwäsche in einigen Ländern sogar als nützlich für Wirtschaftswachstum und Immobilienmärkte betrachtet.“ Ohne internationale Kooperation werde es kaum gelingen, diesen Strukturen das finanzielle Fundament zu entziehen.
Ob die Staaten Südostasiens überhaupt in der Lage oder gewillt sind, dem Problem entschieden entgegenzutreten, bleibt offen. Die steigende Zahl an Drogenbeschlagnahmungen belegt zwar die Aktivität der Strafverfolgungsbehörden, doch grenzüberschreitende Kriminalität lasse sich kaum eindämmen, so Sebastian Strangio vom Magazin The Diplomat. Die dramatische Zunahme von Betrugsfällen verdeutliche zudem, wie sehr sich kriminelle Netzwerke in den Machtapparaten mancher Länder verankert haben.
STIN // KI