Bangkok – Inmitten einer der schwersten wirtschaftlichen und politischen Krisen der jüngeren Geschichte steuert Thailand auf einen möglichen Wendepunkt zu. Vizepremier- und Energieminister Pirapan Salirathavibhaga stellt sich entschlossen an die Spitze mutiger Energiereformen, die das Potenzial haben, nicht nur die hohen Stromkosten im Land zu senken, sondern auch Thailands Energiesicherheit langfristig zu stärken.

Pirapan agiert dabei unter enormem Druck. Seine Partei, die Vereinigte Thailändische Nation (Ruam Thai Sang Chart), ringt mit parteiinternen Machtkämpfen, während sich das politische Umfeld weiter destabilisiert. Doch anstatt sich von den Turbulenzen lähmen zu lassen, treibt er Reformen voran, die den Interessen der Bevölkerung dienen sollen – ein seltener Ansatz in der aktuellen politischen Landschaft.

Stromkosten im Fokus: Kampf gegen ineffiziente Strukturen

Thailands Strompreise gehören zu den höchsten in Südostasien – ein Paradoxon, da das Land einen Großteil seines Stroms selbst produziert. Experten und Regierungsvertreter kritisieren seit Jahren ein undurchsichtiges, ineffizientes System, das durch langjährige Verträge mit privaten Stromproduzenten und eine hohe Abhängigkeit von importiertem Flüssigerdgas (LNG) geprägt ist.

Pirapan fordert daher einen umfassenden Umbau des Energieentwicklungsplans (PDP). Sein Ziel: die Rolle der staatlichen Elektrizitätsbehörde EGAT stärken und die Marktmacht privater Stromerzeuger deutlich zurückdrängen. „Die Stromkosten sind wie ein Schichtkuchen – in jeder Phase entstehen zusätzliche Gebühren, die am Ende die Verbraucher zahlen“, erklärte Pirapan. Durch die Neuordnung der Verträge will er diese Kostenschichten reduzieren und den Preisdruck auf Haushalte und Unternehmen mindern.

Solarenergie für alle: Bürokratieabbau und Preissenkungen

Ein wichtiger Baustein der Reform: die Förderung dezentraler Solarstromproduktion. Die Regierung plant, den bürokratischen Aufwand für den Betrieb von Solaranlagen auf Hausdächern erheblich zu vereinfachen. Künftig könnten Bürger ihre Anlagen lediglich registrieren müssen, anstatt aufwändige Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen.

Zusätzlich verhandelt Pirapan mit chinesischen Herstellern, um die Anschaffungskosten für Solarmodule deutlich zu senken. Der Preis für eine typische Heimsolaranlage könnte von derzeit rund 150.000 Baht auf etwa 85.000 Baht fallen – ein entscheidender Schritt, um Solarenergie breiter zugänglich zu machen.

Energiewende als Wirtschaftsmotor

Die geplanten Reformen zielen nicht nur darauf ab, die Energiekosten für Privathaushalte zu senken. Auch Thailands rund 70.000 Fabriken, die stark von günstiger Energie abhängig sind, könnten profitieren. Sinkende Produktionskosten würden die Wettbewerbsfähigkeit thailändischer Produkte stärken, Investitionen fördern und letztlich das stagnierende Wirtschaftswachstum ankurbeln.

Gleichzeitig arbeitet das Energieministerium daran, versteckte Kosten im aktuellen Stromsystem offenzulegen und abzubauen. Besonders kritisch sieht Pirapan die vertraglich festgeschriebene Pflicht, den gesamten von privaten Anbietern produzierten Strom abzunehmen – selbst wenn die Nachfrage schwankt. Gesetzesänderungen sollen hier künftig mehr Flexibilität ermöglichen.

Politische Hürden und internationale Kritik

Pirapans Reformkurs stößt jedoch auf Widerstände – sowohl im Inland als auch international. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) etwa kritisiert parallel die Liberalisierung der thailändischen Alkoholgesetze, die die Regierung ebenfalls vorantreibt, um die lokale Wirtschaft zu beleben. Doch Pirapan bleibt standhaft: Für ihn steht die wirtschaftliche Erholung des Landes im Vordergrund – selbst wenn dies bedeutet, sich gegen globale Trends und Empfehlungen zu stellen.

Die Struktur des thailändischen Energiesektors erschwert die Umsetzung der Reformen zusätzlich. Während die EGAT dem Energieministerium untersteht, werden andere Stromversorger vom Innenministerium kontrolliert. Eine effizientere Koordination bleibt eine der größten Herausforderungen.

Ein pragmatischer Weg – im Kontrast zum Westen

Während westliche Länder wie Großbritannien sich mit ambitionierten, aber teuren Klimazielen zunehmend schwer tun, setzt Thailand auf einen pragmatischeren Ansatz. Erschwinglichkeit, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Machbarkeit stehen klar im Vordergrund. Kritiker warnen zwar vor möglichen Umweltrisiken, doch für Pirapan ist Energie in erster Linie eine Frage der nationalen Sicherheit – und der sozialen Gerechtigkeit.

Fazit: Zwischen Risiko und Chance

Pirapans Energiereform ist nicht ohne Risiken, doch sie markiert eine Abkehr von jahrzehntelanger Politik, die von intransparenten Verträgen und hoher Abhängigkeit vom Privatsektor geprägt war. Gelingt es, Stromkosten zu senken, den Zugang zu Solarenergie zu erleichtern und ineffiziente Strukturen aufzubrechen, könnte Thailand nicht nur seine Wirtschaft beleben, sondern auch die Lebensqualität seiner Bürger spürbar verbessern.

Inmitten politischer Unruhen und wirtschaftlicher Unsicherheit wagt das Land damit einen mutigen Schritt in eine energiepolitisch eigenständige Zukunft.

 

STIN // KI

Von stin

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