Von außen wirkt alles friedlich: türkisblaues Wasser, weiße Sandstrände, lächelnde Gäste in Hängematten. Doch hinter dieser Idylle kämpft die thailändische Provinz Trat mit einer unsichtbaren Krise. Britische Reisewarnungen und ein längst vergessenes Kriegsrecht bedrohen den Tourismus – und mit ihm die Existenz von Hunderten kleiner Betriebe.

Ein Schatten aus der Vergangenheit

Auslöser der Misere ist ein alter Befehl aus dem Jahr 2012. Damals verhängte Thailand nach Grenzgefechten mit Kambodscha das Kriegsrecht über die gesamte Provinz Trat – eine Maßnahme, die nie aufgehoben wurde. Jahre später hat sie plötzlich verheerende Folgen:
Britische Versicherer verweigern nun den Schutz für Reisende, weil das Kriegsrecht offiziell immer noch gilt. Und das, obwohl in Trat seit über einem Jahrzehnt kein einziger Schuss gefallen ist.

„Koh Chang, Koh Kood und Koh Mak sind völlig sicher“, betont Korakod Opas, Leiter des Tourismusbüros in Trat. „Doch für westliche Versicherer klingt ‚Kriegsrecht‘ wie ‚Kriegsgebiet‘.“

Von der Wahrnehmung überrollt

Die Krise begann, als das britische Außenministerium eine neue Reisewarnung veröffentlichte: Bürger sollten alle Reisen in Gebiete innerhalb von 50 Kilometern zur kambodschanischen Grenze vermeiden – darunter auch Trat.
Die Folge war unmittelbar: Massenstornierungen, leere Resorts, geschätzte 700 Millionen Baht Umsatzverlust.

„Touristen meiden uns nicht wegen echter Gefahr“, sagt Thawisak Wongwilas von der Trat Tourism Business Association. „Sie bleiben weg, weil die Welt glaubt, wir seien ein Krisengebiet.“

Ein Hilferuf aus England

Besonders deutlich wurde das Problem, als Jan Robinson, eine langjährige Koh-Chang-Urlauberin aus Großbritannien, sich an die thailändische Tourismusbehörde wandte. Ihre Versicherung hatte ihr plötzlich den Schutz verweigert.
„Wir haben Hotels gebucht, die wir nicht stornieren können“, schrieb sie verzweifelt. „Wir wollen nirgendwo anders hin.“

Doch selbst ihre direkte Anfrage brachte keine Klarheit. Kein offizielles Schreiben, kein Dementi – nur Schweigen. Für Versicherer Grund genug, das Risiko zu meiden.

Stille Strände, laute Verluste

Auf Koh Chang sieht man von der Krise wenig. Fähren verkehren planmäßig, Strandbars sind geöffnet, Sonnenuntergänge bleiben atemberaubend. Doch unter der Oberfläche brodelt es.
„Früher kamen viele Briten und Skandinavier – sie sind unsere besten Kunden“, erzählt ein Resortbesitzer. „Jetzt bleiben ihre Zimmer leer.“

In einer Provinz, in der der Tourismus einen Großteil der Einkommen sichert, kann jede Woche Stillstand Existenzen kosten.

Ein bürokratisches Eigentor

Die Situation zeigt, wie gefährlich der Graben zwischen Gesetz und Realität werden kann. Was einst als Sicherheitsmaßnahme gedacht war, hat sich in ein bürokratisches Eigentor verwandelt – mit internationalen Folgen.
Selbst während Bangkok versucht, Thailands Ruf als sicheres Reiseziel zu festigen, untergräbt das fortbestehende Kriegsrecht diesen mühsam aufgebauten Vertrauensvorschuss.

Ein Analyst aus Bangkok bringt es auf den Punkt:
„Reisende denken bei ‚Kriegsrecht‘ an Panzer und Checkpoints. Nicht an Sonnenliegen und Kokosnüsse. Wahrnehmung schlägt Wahrheit.“

Die Uhr tickt

Die Hochsaison steht bevor – und mit ihr die vielleicht letzte Chance, den Imageschaden zu begrenzen. Tourismusvertreter drängen die Regierung, das Kriegsrecht in den friedlichen Bezirken von Trat endlich aufzuheben und die Normalität offiziell zu bestätigen.

Doch Bangkok zögert. Zwischen nationalem Stolz, Grenzpolitik und administrativer Trägheit bleibt das Thema in der Schwebe.

Jeder Tag Stillstand kostet Millionen. Und während die Sonne weiter über Koh Chang untergeht, schwindet Trats größter Schatz – das Vertrauen der Reisenden.

 

STIN // AI

Von stin

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