Koh Tao: Prozess geht in die 2. Runde

KOH SAMUI/KOH TAO  Britische Medien laufen seit Prozessbeginn Sturm gegen die Ermittlungsmethoden thailändischer Ermittler und Forensiker. Fast in allen Druck- und Online-Ausgaben spielt der Koh Tao Doppelmord wieder eine grosse Hauptrolle.

Wenn der Koh Tao-Doppelmord-Prozess am kommenden Mittwoch in die zweite Runde geht, werden zwei traurige Mütter hinter der Bank der Angeklagten Zaw Lin und Wai Phyo sitzen. Die Frauen sind am Wochenende von Myanmar nach Thailand gereist und können dank Spendengeldern möglicherweise bis zum Urteilsspruch bei ihren Söhnen auf Koh Samui bleiben.

Nach den ersten drei Verhandlungstagen ist das Verfahren um Schuld oder Unschuld der angeklagten Gastarbeiter offener denn je. Das siebenköpfige Verteidigerteam um Staranwalt Nakhon Chomphuchat hat mit aggressiver Befragung der Anklagezeugen Zweifel geschürt. Insbesondere die Ermittlungsarbeit der Polizei und die Auswertung der Obduktion der Leichen sowie von DNA-Spuren am Tatort Sairee Beach wurden massiv angeprangert. Dass ein Großteil der DNA heute nicht mehr verwertbar sei, darunter die im Mordopfer Hannah Witheridge (23) sichergestellten Spermarückstände, bezeichneten auch unbeteiligte Prozessbeobachter als „alarmierend unprofessionell“.

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In britischen Zeitungen hat sich seit dem Prozessstart am 8. Juli eine beispiellose Verurteilung thailändischer Ermittlungsarbeit Luft gemacht. Ins Visier geraten sind dabei Polizei, Staatsanwaltschaft und auch der Chefpathologe des Polizeilichen Forensischen Institutes in Bangkok. Letzterer war nach dem Mord an Hannah Witheridge und David Miller (24) mit der Obduktion der Leichen beauftragt worden und musste als Zeuge vor Gericht mehrfach Versäumnisse bei der Dokumentation wichtiger Spurenfunde einräumen.

Informationen unserer Zeitung zufolge erhielt die Verteidigung Hinweise auf einen möglicherweise anderen Tathergang in der Mordnacht des 15. September 2014. Es meldeten sich Zeugen, die Schilderungen auf eine Beteiligung lokaler Koh Tao-Potentaten gaben. Diese waren Ende September allesamt entlastet worden, nachdem der erste Chefermittler, Polizeigeneralmajor Panya  Mamen aus Surat Thani, überraschend von dem Fall abgezogen wurde. Mamen hatte zunächst sogar den Sohn des Sairee-Ortsvorstehers als dringend Tatverdächtigen suchen lassen.

Die Mütter von Zaw Lin und Wai Phyo werden vom ‚MWRN‘ (Migrant Worker Rights Network) Thailand betreut und finanziert. Die Hilfsorganisation, die im Königreich arbeitende burmesische Landsleute unterstützt, arbeitet eng mit der Verteidigung und deren britischen Berater Andy Hall  zusammen. Hall ist auch Vorstandsmitglied der Friedensgruppe ‚Reprieve‘, die sich weltweit gegen die Todesstrafe einsetzt. Der Brite hat durch großangelegte Spendenaufrufe und beste Kontakte in die englische Medienlandschaft maßgeblich für das enorme Presse-Interesse gesorgt.

Interessant dürfte im zweiten Prozessabschnitt ab Mittwoch, 22. Juli, die weitere Bewertung der Spuren vom Tatort werden. Das Gericht hatte am 10. Juli einem Antrag der Verteidigung auf eine unabhängige Zweituntersuchung noch vorhandener DNA stattgegeben. Thailands anerkannteste Forensikerin, Dr. Pornthip Rojanasunand, soll dazu einvernommen werden.

Ob das Gericht ihr die Gelegenheit gibt, das gesamte Ermittlungsverfahren inklusive der Spurensicherung am Tattag zu bewerten – das wird von allen Prozessbeteiligten mit Spannung erwartet. Die Verteidigung setzt in ihrer Strategie darauf, größtmögliche Zweifel an der gerichtlichen Verwertbarkeit bisheriger Ermittlungsresultate zu säen. In dubio pro reo – im Zweifel für die Angeklagten – das könnte entscheidend sein, ob Zaw Lin und Wai Phyo den Gerichtssaal als freie Männer verlassen können oder die Todesstrafe gegen sie verhängt wird.

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berndgrimm
Gast
berndgrimm
19. Juli 2015 3:13 pm

Insbesondere die Ermittlungsarbeit der Polizei und die Auswertung der Obduktion der Leichen sowie von DNA-Spuren am Tatort Sairee Beach wurden massiv angeprangert. Dass ein Großteil der DNA heute nicht mehr verwertbar sei, darunter die im Mordopfer Hannah Witheridge (23) sichergestellten Spermarückstände, bezeichneten auch unbeteiligte Prozessbeobachter als „alarmierend unprofessionell“

Was die britische Yellowpress anprangert ist eine Sache,
was Scotland Yard herausgefunden hat ist eine ganz andere!
Nur dass zählt!
Die britische Yellow Press hat viele Jahre lang ungeprüft
Thaksins Propaganda verbreitet und nun merken die
plötzlich wie schlecht die Thai Polizei ist?
Na ja, ihren dummen Lesern können die ja Alles verkaufen!

Ich finde es sehr gut dass Thailand sich mit diesem Fall
einmal richtig lächerlich macht.
Es gibt viele Fälle die nicht diese Publizität haben
aber genauso schlimm sind und sich kein Schwein drum kümmert.

Einerseits finde ich es auch sehr gut dass unser Militärdiktator
dadurch unter Druck gesetzt wird.
Andererseits wird dies nur seine Ausländerfeindlichkeit steigern!
Eine Erkenntnis kann man von einem Thai Komisskopp nicht erwarten.
Dazu ist er zu behindert.

Andererseits sollte man nie vergessen wem wir diesen Misthaufen
der sich “Polizei” nennt verdanken!

Und der ist wieder fein raus weil er sich seit 2008 in Dubai
auf unsere Kosten als politischer Flüchtling selbst bedauert.

  berndgrimm(Quote)  (Reply)