Südostasien: immer mehr Regimes klammern sich an die Macht

Ob Thailand, Kambodscha, Vietnam oder Malaysia: In Südostasien klammern sich Regime an die Macht. Inzwischen dient nicht einmal mehr Burma als Vorbild. Aber auch im Westen sind Vorbilder rar geworden.

Draussen Lächeln, Selfies und ein Bad in der Menge, drinnen im Gerichtssaal Tränen und die Gewissheit, bald hinter Gittern zu leben. Für Yingluck Shinawatra, die frühere Regierungschefin Thailands, brachte der 1. August ein Wechselbad der Gefühle. Wegen angeblicher Misswirtschaft steht sie derzeit vor Gericht, das Urteil wird für Ende Monat erwartet. Alles andere als eine mehrjährige Haftstrafe wäre eine Überraschung.

Die politische Verfolgung der Shinawatra-Familie will nicht recht zu dem von der Regierung versprochenen Demokratisierungsprozess passen: Seit 2001 haben Thaksin Shinawatra, der seit 2008 im Exil lebt, und seine Schwester Yingluck, die 2011 in seine Fussstapfen trat, jede Parlamentswahl im Königreich gewonnen. Zweimal wurde gegen sie geputscht. Nach wie vor geniessen sie hohe Popularität, vor allem bei der Bevölkerung auf dem Land. Doch eine Rückkehr in die Regierung will das Militär mit allen Mitteln verhindern.

Überwachung von Social Media

Thailand ist allerdings keineswegs das einzige Land in Südostasien, das oppositionelle Politiker derzeit hart anfasst und kaltstellt. In Kambodscha ist kürzlich ein Parteigesetz verschärft worden, das vorbestraften Personen einen Parteivorsitz untersagt. Im Fadenkreuz steht dabei nur eine Person: der langjährige Oppositionsführer Sam Rainsy, der seit knapp zwei Jahren im Exil lebt.

Um die Auflösung seiner Partei – der Cambodia National Rescue Party (CNRP) – zu verhindern, sah sich Rainsy gezwungen, das Parteipräsidium wegen dieses Gesetzes im Frühjahr aufzugeben. Seither ist das Parteigesetz noch verschärft worden: Seit Juli genügt bereits eine politisch motivierte Kontaktaufnahme mit Rainsy durch ein Parteimitglied, um eine Klage zur Auflösung auszulösen. Die Polizei hat in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass ein «Cyber War Room Strike Team» die sozialen Netzwerke überwache.

In Südostasien erleben autoritäre Regime einen Aufschwung. Burma erfuhr zwar vor den Wahlen 2015 eine Öffnung, doch autoritäre Züge sind geblieben. Die gefeierte Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi hat viele Erwartungen bisher nicht erfüllt. In Malaysia stellen die Gerichte auf Geheiss der Regierung Najib seit dessen Amtsantritt vor inzwischen acht Jahren sicher, dass der charismatische Oppositionspolitiker Anwar Ibrahim im Kerker bleibt.

Jeder Kritiker muss mit Ähnlichem rechnen, sobald die Mächtigen der Regierungspartei Umno Gefahr wittern. Anwar Ibrahim, Penangs Regierungschef Guan Eng, die Initiantin der Bewegung Bersih, Maria Chin Abdullah, der Cartoonist Zunar, Najibs früherer Stellvertreter Muhyiddin Yassin und nun Mahathir Mohamad: Die Liste der Personen, mit denen die Justiz willkürlich umgeht, um die Macht des Regierungschefs zu schützen, wird immer länger. Im relativ umsichtig geführten Stadtstaat Singapur geht es diskreter zu. Aber auch dort werden dissonante Stimmen rasch und konsequent zum Verstummen gebracht – oder in den finanziellen Ruin getrieben.

So sehen sich die zentrale Figur der oppositionellen Workers’ Party, Low Thia Khiang,sowie zwei weitere Parteispitzen mit Vorwürfen wegen Missmanagements öffentlicher Gelder konfrontiert. Wochen zuvor hatte Low Thia Khiang im Zusammenhang mit dem Bruderzwist um das Erbe von Lee Kuan Yew als einziger Abgeordneter im Parlament Zweifel an der Integrität des Premierministers durchblicken lassen.

Wann in Thailand die nächsten Wahlen stattfinden, ist unklar.  Die Verfolgung von Regimegegnern, die den Shinawatras politisch nahestehen, scheint noch nicht abgeschlossen: Vor kurzem ist ein Anführer der «Rothemden», der sich in Laos versteckt hielt, gemäss Augenzeugen von zehn Männern verschleppt worden. Die Regierung in Bangkok weiss angeblich von nichts.

In Phnom Penh zieht der seit drei Jahrzehnten an der Macht stehende Autokrat Hun Sen derzeit alle Register, um 2018 einen Wahlsieg der Oppositionspartei zu verhindern. Bei den Regionalwahlen im April ist die Cambodia National Rescue Party (CNRP) Hun Sens Volkspartei CPP schon bedrohlich nahe gekommen. Im Falle einer Niederlage der CPP, die vor allem unter den Jungwählern in der Stadt an Rückhalt verliert, prognostizieren Beobachter indessen keinen Machtwechsel, sondern Chaos.

Dass in diesem Fall das Resultat annulliert, die Oppositionspartei aufgelöst und die von Hun Sens Sohn kontrollierten Sicherheitskräfte zugunsten ihres Vaters eingreifen würden, gilt als sicher. Auch in Malaysia ist 2018 eine Niederlage der seit 1957 regierenden Umno nicht mehr auszuschliessen. Schon 2013 hatte die Regierungskoalition die absolute Mehrheit der Stimmen auf nationaler Ebene verpasst; sie ist nur dank zugeschnittenen Wahlkreisen und einem Majorzsystem an der Macht geblieben. Doch ob ein allfälliger Sieg der Opposition einen Machttransfer nach sich ziehen würde, ist ebenfalls unklar. Auch in Kuala Lumpur sind eher Wahlbetrugsvorwürfe oder Unruhen zu erwarten.

Verblasste Hoffnungen

Zwanzig Jahre sind seit dem Ausbruch der Asienkrise von 1997/98 vergangen. Der Schock von damals war tiefschürfend: Der wirtschaftliche Einbruch dämpfte die Euphorie in den Tigerstaaten, offenbarte Misswirtschaft und Korruption und zog den Ruf nach mehr Demokratie nach sich. Politische Legitimität sollte fortan aus demokratischen Prozessen hergeleitet werden, nicht einfach aus der Garantie von Wirtschaftswachstum.

Von diesem Ideal ist in Südostasien nur noch wenig übrig geblieben. Bloss Indonesien, wo die wirtschaftlichen Verwerfungen vor zwanzig Jahren am stärksten aufwühlten und nachhaltige politische Veränderungen nach sich zogen, hat die demokratische Transition in weiten Teilen vollzogen. In den anderen Asean-Staaten sind heute alte oder neue Autokraten am Werk, die in der Opposition vor allem Staatsfeinde, in Wahlen Subversion und in der Demokratie hauptsächlich eine Gefahr für die eigene Machtbasis sehen.

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3 Comments
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emi_rambusnders!!ede
Gast
8. August 2017 1:15 pm

Die “suche”-Funnktion kann man echt in der Pfeife rauchen.
Ja, ich weiss, wenn du/ihr es im ModBunker macht, geht es. DAS hilft aber dem Rest der Mendchheit nichts.
Das Schei*steil passt zu den sonstigen Methoden. 👿

berndgrimm
Gast
berndgrimm
8. August 2017 4:50 am

Die politische Verfolgung der Shinawatra-Familie will nicht recht zu dem von der Regierung versprochenen Demokratisierungsprozess passen: Seit 2001 haben Thaksin Shinawatra, der seit 2008 im Exil lebt, und seine Schwester Yingluck, die 2011 in seine Fussstapfen trat, jede Parlamentswahl im Königreich gewonnen. Zweimal wurde gegen sie geputscht. Nach wie vor geniessen sie hohe Popularität, vor allem bei der Bevölkerung auf dem Land. Doch eine Rückkehr in die Regierung will das Militär mit allen Mitteln verhindern.

Abgesehen davon dass Vieles von dem was diese “gute” Militärdiktatur
pausenlos verspricht nicht eintritt gibt es hier sachliche Fehler.
Yingluck Shinawatra hat nicht jede demokratische Wahl in Thailand gewonnen sondern nur eine einzige!
Sie ist auch nicht weggeputscht worden sondern
vor der Verantwortung weggelaufen.

Sie ist deshalb auch für die jetzige Militärdiktatur verantwortlich.
Wenn sie einen Dialog mit den Gelben versucht hätte,
wie 2010 Abhisit mit den Roten und wenn sie die Polizei
benutzt hätte um Sutheps Mitlatscher abzuräumen
wäre sie heute entweder noch an der Macht oder in Dubai
weil es einen Bürgerkrieg gegeben hätte.
So kann sie sich hier als “Opfer” bedauern lassen und permanent
Wahlkampf für Thaksins nächste Marionette machen.
Selbst wenn sie verurteilt würde, käme sie nicht in den Knast.
Weil hier Thailand ist! Und ihr bisschen Taschengeld in TH
nimmt man ihr auch nicht weg.
Also ein voller Erfolg für Thaksin und sein Nummerngirl.

emi_rambus
Gast
emi_rambus
8. August 2017 2:13 am

Eben gab es wieder reihenweise Fehlermeldungen, zB:

Fehler beim Aufbau einer Datenbankverbindung

Zwei Beitraege such ich noch!!