Indien auf Seite Burmas – 40.000 Rohingya sollen abgeschoben werden – Teil 1

Seit fünf Jahren leben hier Rohingya-Familien in Hütten mit Wänden aus dünnen Holzplatten und Dächern aus Abdeckplanen. In den etwa zehn Quadratmeter großen Behausungen schlafen ganze Familien. Die Toilette ohne Spülung ist direkt neben der Kochstelle. In der Monsunzeit grassieren von Mücken übertragene Krankheiten. Die Bewohner wollen aber unbedingt hier bleiben. In diesem Flüchtlingslager am Rande von Neu Delhi sind die Rohingya wenigstens vor der Gewalt in ihrer Heimat sicher.

Ihnen droht nun allerdings, dorthin zurückgeschickt zu werden. Das indische Innenministerium wies im August die Bundesstaaten des Landes an, die geschätzt 40.000 Rohingya in Indien zu identifizieren und ihre Abschiebung vorzubereiten. Inmitten des Gewaltausbruchs und der Massenflucht in Myanmar verteidigte Staatsminister Kiren Rijiju die Maßnahme aus Sicherheitsgründen. Die Rohingya seien illegale Einwanderer und anfällig für Anwerbungen durch Terrorgruppen.

„Die Leute hier haben alle Angst, abgeschoben zu werden“, sagt Mohammad Shakir, einer von 230 Bewohnern des Lagers in Madanpur Khadar, im Südosten der indischen Hauptstadt. „Es wäre besser, sie würden uns einfach hier töten“, meint der 24-Jährige. „Burmas Sicherheitskräfte würden uns abschlachten und wegwerfen. Hier würden wir wenigstens in Würde sterben und Särge bekommen.“

Seit dem 25. August sind rund 420.000 Rohingya aus Burma Bundesstaat Rakhine ins Nachbarland Bangladesch geflohen, wo nun eine humanitäre Katastrophe droht. Sie erzählen, dass Soldaten und Selbstjustiz-Mobs ihre Dörfer niedergebrannt und wahllos Menschen erschossen hätten. Menschenrechtsorganisationen werfen Burma eine ethnische Säuberung vor. Bereits zuvor galt die muslimische Minderheit der Rohingya als meistverfolgtes Volk der Welt. Seit ihnen das damalige Birma 1982 die Staatsbürgerschaft entzog, sind sie staatenlos.

„Sie haben uns nicht wählen oder über die zehnte Klasse hinaus zur Schule gehen lassen“, erzählt Mohammad Salimullah, ein Bewohner des Lagers in Madanpur Khadar. Zusammen mit Shakir hat der 34-Jährige Klage gegen die Abschiebepläne der indischen Regierung eingereicht. Das Oberste Gericht beschäftigt sich am Montag mit dem Fall.

„Es wurde immer schlimmer, und eines Tages im Jahr 2010 wurde mein Vater festgenommen, weil er ein Auto hatte. Sie sagten, nur Buddhisten dürften Fahrzeuge besitzen“, erzählt Salimullah. Die Familie sei daraufhin die 40 Kilometer von ihrem Dorf zur bangladeschischen Grenze gefahren und habe die Beamten auf beiden Seiten bestochen, um rüber zu dürfen. In Bangladesch habe es aber keine Arbeit gegeben, und sie hätten ihr Lager nicht verlassen dürfen. So kamen sie 2012 schließlich nach Delhi.

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