Lèse Majèsté und Selbstzensur

Prachathai – …..Der folgende Artikel wurde in der einzigen unabhängigen Online-Zeitung Thailands, Prachatai veröffentlicht. Der thailändische Journalist Pravit Rojanaphruk gehört zu den wenigen, die es wagen, die Zensur in Thailand zu kritisieren.
( Pravit Rojanaphruk, 14.05.2012 )  Jahre von Selbstzensur der Massenmedien hinsichtlich jeder Information und Nachricht, die kritisch zur thailändischen Monarchie sein könnte, und ihrer inzestösen Verbreitung von einseitiger, ausschließlich positiver Informationen über die Institution der Monarchie, wird sich kaum in naher Zukunft ändern, denn es gibt keinen öffentlichen Aufschrei der Empörung, oder eine Selbstreflexion durch einen der großen Medien-Verbände und Konzerne.
Der wachsende Schrei nach grundsätzlicher Meinungsfreiheit nach dem Tod des 61-jährigen Lèse Majèsté Gefangenen, Amphon  „Akong“  Tangnoppakul bedeutet auch nur wenig, und für die thailändischen Medien gibt es nichts, was sie vom üblichen Tagesgeschäft abhält.

Die Massenmedien kommen wieder mit den üblichen Rechtfertigungen für die Akten, warum sie sich nicht auf die Presse- und Meinungsfreiheit berufen wollen, wenn es darum geht, Kritisches über die Monarchie zu berichten.

Zunächst gibt es da das Gesetz gegen die Majestätsbeleidigung selbst, mit der Maximalbestrafung von 15 Jahren Gefängniss pro Ereignis, verbunden mit dem Computerstrafgesetz – eine billige Entschuldigung für die Medien sich selbst zu zensieren und zu sagen, sie könnten einfach nichts sagen, weil sie das Gesetz beachten müssten.

Außerdem erklären sie, dass die Inserate in ihren Zeitungen und die Werbung im Fernsehen ernsthaft betroffen wären, falls die Medienorganisation den Ruf erhielte, kritisch gegenüber der Monarchie eingestellt zu sein.

Ein Zeitungsherausgeber sagte mir einmal, dass es eine Furcht unter den großen Medienkonzernen gäbe, dass sie einen Aktienkursverfall erleiden würden, falls sie es wagen sollten, kritisch über die Monarchie zu berichten.

Um es noch schlimmer zu machen, behaupten einige Meiden, dass sie glaubten, dass die meisten Thailänder gebildet genug wären, Fakten von Fiktion und Richtiges von Falschem zu unterscheiden, ohne dass sie ( die Medien ) es extra aussprächen.

Wenn wir, die Journalisten, darin versagen, die Abartigkeit und die negativen Auswirkungen des Lèse Majèsté – Gesetzes nicht anzuerkennen, und in einem Klima der Angst, und Selbstzensur verharren, dann werden wir niemals dem Ideal auch nur nahe kommen, die Öffentlichkeit ohne Angst und ohne Vorteilnahme über die Institutionen zu informieren, die das Herz der thailändischen Gesellschaft darstellen.

Um ehrlich zu sein, muss ich sagen, dass es schwer ist sich vorzustellen, dass sich die derzeitige Einstellung in naher Zukunft ändern wird. Vielleicht fällt die Bürde der Aufklärung über diese Abnormität nun auf die wachsende Zahl normaler Bürger, die die Größe des Problems zunehmend erkennen.

Vielleicht muss alles damit anfangen, dass einige wenige Journalisten genug Mut haben, eine Schaufel auch eine Schaufel zu nennen, und dadurch, dass die Öffentlichkeit Transparenz und Rechtfertigung sowohl von den Medien als auch der Institution der Monarchie verlangt.

Auf Twitter hatte ich versucht, eine Debatte über das Lèse Majèsté Gesetz zu beginnen, und darüber, dass wir kritisch über die thailändische Monarchie diskutieren …können müssen.

Am Montag, dem 14. Mai, antwortete mir ein Twitter-Account @Shar_Thonglor in Englisch :  „Thailand ist noch nicht bereit für die Redefreiheit. Es muss noch sehr reifen, bevor es damit umgehen kann“.  Ein anderer Twitter-Nutzer ( @polasit ) antwortete in Englisch :  „Immer das Gleiche – Thais sind nicht bereit, sie sind ungebildet. Meinungsfreiheit hat aber nichts damit zu tun ! “ …

Vielleicht gibt es doch etwas Hoffnung. Auch wenn man sie nicht in den Massenmedien finden wird.

http://prachatai.com/english/node/3216?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+prachataienglish+%28Prachatai+in+English%29

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Manfred Spies
Gast
21. Mai 2012 1:56 am

Nein, Thailänder fühlen sich nicht als Untertanen in unserem Verständnis aus der Kais- oder der Nazi-Zeit. Ihre Anpassung an Bestehendes hat eher etwas damit zu tun, dass sie GLAUBEN, während wir eine Aufklärung hatten.

Das Königshaus hat schon sehr lange seine Unantastbarkeit manifestiert und gesichert und Thais hatten in allen Wirren der Zeit etwas Stabiles, an dem sie festhalten und an das sie glauben konnten und wollten. Auch bei Wikipedia und in viele Thai-Internetseiten ist nachzulesen, dass der König in Thailand “gottähnliche Verehrung” genießt. Das war auch in meiner Familie so. Bis 2009 bekam ich gelbe Shirts mit entsprechenden Emblemen geschenkt.

Aber, und das ist wichtig festzustellen, auch Thalländer sind nicht “ungebildet” oder verharren in traditionellen Denkmustern. Meine gelben Hemden sind alle weg. Man schenkte mir zwar keine neuen, roten, aber man denkt kritischer als früher über ALLES nach (auch über die Rechte der Frauen!) und spricht offen und nicht unter vorgehaltener Hand. Das ist ein enormer Schritt nach vorn (progressiv!) und die nicht nur lang- sondern auch hochnäsigen Farangs sollten nicht ungeduldig sein.

Wie lange hat es in der Schweiz gedauert, bis Frauen das Wahlrecht hatten? Wie sieht es mit der real existierenden Gleichberechnigung aus? Was ist mit den Rechten von Ausländern in den europäischen Demokratien? Wie sieht es mit der im deutschen Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit aus? Warum hat der Künstler Klaus Staeck über 40 Strafverfahren bekommen wegen eben dieser Meinungsfreiheit? (Übrigens haben die Gerichte, vor allem das BVG, immer für ihn entschieden!!! Übrigens ist Klaus keine Ausnahme: Bei Wikipedia kann man auch über meine vielen Anzeigen und Strafverfahren wegen Artikel 5 GG nachlesen).

Okay, gerade was den letzten Punkt angeht, sind die Unterschiede zu Thailand noch gewaltig. Politik, Gerichtsbarkeit und Polizei/Militär sind nicht unabhängig. Und wenn die Roten eine Wahl gewonnen haben, sind die Machtstrukturen nicht automatisch anders. Aber wichtig ist doch, dass die Thailänder das inzwischen sehen, und es werden immer mehr, die auch die Hintergründe erkennen und sich wehren wollen.

Sartre hat einmal den Intellektuellen so definiert: Da ist ein Arbeiter, der 40 Jahre in seinem Betrieb geschuftet hat und nun aus “ökonomischen” Gründen entlassen wird. Er weiss nicht, was er falsch gemacht hat und erinnert sich, dass es da eine Gewerkschaft gibt, die Arbeitern hilft. Er geht hin. Die Kollegen fragen ihn, ob er Mitglied ist. “Nein”.
Sie blicken etwas vorwurfsvoll, helfen ihm aber trotzdem. Sie reden mit ihm und schicken ihn zu Versammlungen. Nach und nach begreift er, was gespielt wird und lernt zu verstehen und KRITISCH zu denken. Er wird Intellektueller. Nach Sarte braucht er dazu kein Abitur und kein Studium.

Ich glaube und wünsche, dass die Thailänder, die so sehr vom hinduistisch geprägten Buddhismus mit Geisterglauben und der ein wenig zur Lethargie verleitenden Maxime “Leben ist Leiden” geprägt sind, auf dem langsamen aber richtigen Weg zu mehr Wissen und Aufklärung sind.

bukeo
Gast
bukeo
20. Mai 2012 6:54 am

naja, Prachatai ist ein Medium – das sich nach dem Wind dreht. Leider momentan die BP ebenfalls. So ist die Kommentarfunktion bei Artikeln, die gegen die Rothemden und PT gerichtet sind, meist gesperrt, wogegen andere Artikel, die gegen PAD usw. gerichtet sind, normal mit Kommentarfunktion laufen.

Also wieder wie schon gehabt, die Medienzensur unter dem Thaksin-Klon nimmt zu.

Verrückte Sache………………
geschrieben von Walter Roth , Mai 20, 2012

Um es noch schlimmer zu machen, behaupten einige Meiden, dass sie glaubten, dass die meisten Thailänder gebildet genug wären, Fakten von Fiktion und Richtiges von Falschem zu unterscheiden, ohne dass sie ( die Medien ) es extra aussprächen.

die meisten Thais interessiert eine Diskussion über die Monarchie gar nicht.
Ich fragte mal einen Kamnan nach seiner Meinung über die Monarchie. Er erklärte: würde es uns unter einer Republik besser gehen?

Nicht die Monarchie ist das Problem, sondern die Ausländer – die vom Ausland aus gegen diese hetzen. Siehe Giles usw.

Der Monarchist denkt also, nur derjenige sei reif für eine freie Meinungsäusserung, wenn der selber auch Monarchist ist…..

das betrifft aber eher Thaksinisten – die keine andere Einstellung, als Gehorsam gegenüber Thaksin – dulden. Manche WIderwillige werden dann halt mal schnell totgeschlagen….

Die einen sind vorauseilende Unterthanen, die anderen intollerante Verblendete…………

ich denke nicht, das sich Thais als Untertanen fühlen.

Boah…..

WR