Bangkok: Regierung sollte Notstandsgesetze überarbeiten

Das Notstandsdekret des Landes wurde 2005 in Kraft gesetzt und ist seitdem eines der umstrittensten Gesetze. Es ist jedoch eines der am häufigsten von der Exekutive eingesetzten Instrumente und derzeit das wichtigste Gesetz zur Bekämpfung von Covid-19. Entspricht das Dekret internationalen Standards?

Zu Beginn sollte anerkannt werden, dass mittlerweile fast 110 Länder weltweit den Ausnahmezustand ausgerufen haben, um der Pandemie entgegenzuwirken. Allerdings gibt es internationale Standards, die zu Ausgewogenheit und Transparenz beitragen.

Es gibt einen internationalen Vertrag, dem Thailand beigetreten ist – den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), der verschiedene Parameter für zulässiges Handeln festlegt, insbesondere in seinem Artikel 4 mit folgenden Bestimmungen.

Erstens muss die Ausrufung des Ausnahmezustands eine vorübergehende Maßnahme sein. Zweitens muss der Notfall eine hohe Schwelle haben, bei der das Überleben des Staates auf dem Spiel steht. Darüber hinaus gibt es verschiedene Rechte, die nicht eingeschränkt werden können, die als “non-derogable” bezeichnet werden, und es gibt eine internationale Checkliste, die das Recht auf Leben, Folterfreiheit, Glaubensfreiheit und die Garantie gegen rückwirkende Strafgesetzgebung umfasst.

In Bezug auf andere Rechte wie Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind diese Rechte abträglich und können eingeschränkt werden. Die Einschränkungen unterliegen jedoch verschiedenen Bedingungen.

Dazu gehört das Legalitätsprinzip, wonach die Beschränkung nicht willkürlich sein darf und auf einem völkerrechtskonformen Recht beruhen muss. Die Regierung muss nachweisen, dass die Beschränkung im Hinblick auf die Erfordernisse der Situation erforderlich und den Umständen angemessen ist. Die Beschränkung muss auch auf verschiedenen legitimen Gründen beruhen, insbesondere der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Gesundheit, objektiv betrachtet und darf nicht diskriminierend sein.

Aus Gründen der Transparenz muss das Land, das dem IPBPR untersteht und den Notstand ausruft, diese Maßnahme der UNO erklären. Jedes Mal, wenn der Notstand verlängert oder erneuert wird, muss der betreffende Staat eine weitere Erklärung dieser Entwicklung an die UN abgeben.

Diese Parameter werden in Thailand insbesondere im Hinblick auf zwei Situationen getestet: erstens die Situation in Südthailand und zweitens die Covid-19-Pandemie. Zu den Diskrepanzen gehört die Tatsache, dass das Dekret die Inhaftierung von Personen bis zu 30 Tagen ohne Gerichtsverfahren zulässt.

Wird das Dekret zusammen mit dem Kriegsrechtsgesetz angewendet, kann die Person 37 Tage inhaftiert werden. Das Dekret sieht die Inhaftierung an inoffiziellen Orten vor, was dem rechtsstaatlichen Standard der Inhaftierung in einem offiziellen Gefängnis widerspricht.

Benachteiligt wird die inhaftierte Person auch, weil die Person noch nicht als Beschuldigte gilt und die Person kein Recht auf Rechtsbeistand hat. Tatsächlich entbindet das Dekret irreführende Beamte von der Rechenschaftspflicht, da es schwierig ist, gegen sie gerichtlich vorzugehen. Es sperrt den Zugang zu den in der Regel am besten zugänglichen Verwaltungsgerichten des Landes.

Eine Fülle von Ungerechtigkeiten, die sich aus dem Dekret ergeben, wie etwa Haft ohne Kontakt zur Außenwelt und fehlende Rechtsmittel bei Verstößen der Behörden, treffen die Bevölkerung Südthailands seit über 15 Jahren. Darüber hinaus ist bei jeder Verlängerung des Dekrets, in der Regel alle drei Monate, unklar, ob die Verlängerung gemäß dem oben genannten IPBPR gegenüber den Vereinten Nationen erklärt wurde.

Im Hinblick auf die Covid-19-Situation gibt es verschiedene Rechtsinstrumente gegen die Pandemie, die besser genutzt werden könnten als das Dekret. Das Gesetz über übertragbare Krankheiten von 2015 kann zusammen mit dem Gesetz über die innere Sicherheit von 2008 und den dazugehörigen Rechtsvorschriften die Situation ohne die mit dem Dekret inhärenten Anomalien gut abdecken.

Ein parlamentarischer Akt wird von der Legislative eher als Kontrolle und Gegengewicht gegen Machtmissbrauch überprüft und überwacht als ein Exekutivdekret, das von Intransparenz und Straflosigkeit durchdrungen ist und wenig oder gar nicht überprüft wird.

Der neueste Test des Dekrets besteht darin, dass seit 2020 28 Verordnungen vom Chef der Exekutive und sechs Ankündigungen vom uniformierten Leiter der Durchsetzungsarmee erlassen wurden, die den Behörden übermäßige Befugnisse mit negativen Auswirkungen auf viele Rechte und Freiheiten einräumen. Zum Beispiel verhängte die jüngste Ankündigung von Nummer 6 ein allgemeines Durchgreifen gegen Straßendemonstrationen, die als Verschlimmerung der Ausbreitung der Pandemie angesehen werden. In diesem Monat erschien auch die Verordnung Nr. 27 aus Abschnitt 9 des Dekrets, die die Verbreitung von Nachrichten, die Angst in der Bevölkerung verbreiten könnten, mit Sanktionen von bis zu 2 Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 40.000 Baht verbietet.

Es ist daher an der Zeit, die Notverordnung mit diesen Vorzugsrichtungen zu überarbeiten.

Erstens sollte das Gesetz über übertragbare Krankheiten das wichtigste Instrument zur Bekämpfung der Pandemie sein.

Zweitens, wenn die Notstandsverordnung verlängert werden soll, muss jede Verlängerung gemäß den Anforderungen des IPBPR bei den Vereinten Nationen erklärt werden.

Drittens sollte es angesichts einer möglichen Reform des Gesetzes über übertragbare Krankheiten die Notverordnung nicht kopieren und Bestimmungen ausschließen, die zu übermäßigen Exekutivbefugnissen und damit verbundener Straflosigkeit führen.

Viertens sollten alle Notstandsgesetze eine „Sonnenuntergangsklausel“ haben, um sicherzustellen, dass sie nur für einen bestimmten Zeitraum gültig sind und einer Überprüfung unterliegen, um transparent zu beurteilen, ob sie verlängert werden sollten.

Fünftens sollten die Behörden davon absehen, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit friedlich ausüben.

Das Dekret sollte daher aufgehoben werden und an seiner Stelle, falls ein anderes Gesetz erforderlich ist, ein parlamentarischer Notstandsakt mit wirksamer Überwachung, Rechenschaftspflicht und Rechtsbehelf, der internationalen Standards entspricht, erlassen.

Vitit Muntarbhorn ist emeritierter Professor an der Juristischen Fakultät der Chulalongkorn University. Er war früher UN-Sonderberichterstatter, unabhängiger UN-Experte und Mitglied der UN-Untersuchungskommissionen für Menschenrechte. / Bangkok Post

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devin
Gast
devin
24. Juli 2021 11:55 am

Berngrimm, der von dir gesuchte Artikel wurde am 22.07.21 auch im TTIP veröffentlicht:

„Thailands eigener mRNA Impfstoff wird bis Ende des Jahres einsatzbereit sein.

Dr. Chalermchai sagte auch, die Universität ziele darauf ab, die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen neue Varianten zu steigern.

Er fügte hinzu, dass der lokal entwickelte mRNA Impfstoff im vierten Quartal dieses Jahres oder spätestens Anfang nächsten Jahres einsatzbereit sein wird, während die zweite Version des Impfstoffs etwa drei bis sechs Monate später erhältlich sein wird.“

https://thailandtip.info/2021/07/22/thailands-eigener-mrna-impfstoff-wird-bis-ende-des-jahres-einsatzbereit-sein/

Hoffen wir diesmal, dass es sich nicht erneut nur um heiße Luft handelt, wie wir es bereits mehrfach bei diesen Aussagen von Thai-Experten erleben mußten.

In diesen Zusammenhang auch interessant ist nachfolgender Artikel, welcher wieder einmal zeigt, dass das Militär zuerst nur an sich selbst denkt:

„Einheit der Streitkräfte unter Beschuss wegen Sonderanforderung für Moderna Impfstoff.

Die Untersuchung erfolgte, nachdem ein von Oberst Yutthasak unterzeichneter Brief vom 19. Juli durchgesickert und in den sozialen Medien veröffentlicht wurde.

Der Brief wurde an den Generalsekretär der Thai Red Cross Society geschickt und forderte Moderna Impfstoffimpfungen für seine Mitarbeiter und deren Familien.

Dem Brief waren die Namen der Soldaten und ihrer Familien beigefügt, berichten die lokalen Medien.“

https://thailandtip.info/2021/07/24/einheit-der-streitkraefte-unter-beschuss-wegen-sonderanforderung-fuer-moderna-impfstoff/

Wer von diesen Militärs etwas anderes erwartete hatte, zeigt nur einmal mehr, dass er dieses Regime nicht bis heute nicht durchschaut hat.

berndgrimm
Gast
berndgrimm
24. Juli 2021 10:47 am

Covid Nineteen ist in Thailand eben eine politische Krankheit.

Schon im Maerz 2020 wurden die Notstandsverordnungen  nur gegen Kritiker angewandt.

Jetzt gibt es hier aber wirklich eine Covid Epidemie und man macht garnix Zielfuehrendes!

Auch bei inzwischen  ueber 15.000 Neinfizierten taeglich ist man nicht in der Lage oder Willens zu kontrollieren!

Es ist zwar in den ersten 2 Tagen Alles zu gewesen aber es weicht schon auf.

Ich war gestern in der Stadt: Die Temperaturkontrollpunkte sind meistens unbesetzt

und bei TOPS gabs kein frisches Brot mehr.Polizei oder irgendwelche Ordnungskraefte waren nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich muessen sie Government House und Chitralada verteidigen.

Meine Frau fuhr nach Bang Na durch 3 Provinzen: Keine Polizei ,keine Kontrollen.

Wenn Thaksin angeblich vor hat zurueckzukommen waere uebermorgen der richtige Tag!

Vor 7-8 Jahren bin ich auf die Strasse gegangen um zu verhindern dass er zurueckkommt.

Zu meiner Entschuldigung: Keiner konnte damals wissen dass es den Militaers gelingen wuerde absolute Tiefpunkte fuer Thailand zu setzen!

Und dies bei staendiger Erfolgspropaganda!

Die letste von Heute aus der NATION hat STIN noch garnicht gebracht, deshalb hier:

 

  • An Open Letter From AstraZeneca

An open letter to the people of Thailand

 

Dear friends in Thailand,

As AstraZeneca’s representative here, I see the challenges that all of us across the country face in the battle against COVID-19 and want to explain what we are doing to help.

Wohlgemerkt , Astra Zeneca in TH ist Siam Bioscience die natuerlich einen Farang als Watschenmann dort sitzen haben 

Ausserdem merken die Leute bei AZ natuerlich dass ihnen die Felle davonschwimmen weil niemand mehr ihre Ploerre haben will weil sich herumgesprochen hat dass mRNA Impfstoffe wohl wirkungsvoller und schonender sind.

Aber es gab ja bis eben noch viel besseres in der NATION, leider ist der Artikel inzwischen verschwunden (wohl wegen dem AZ Letter )

Da schrieb ein angebliches Forschungsteam der Chula Uni man wuerde bis Ende dieses Jahres ein mRNA Impfmittel entwickeln.

Aehnliches stand vor einem Jahr schon hier im Blog , aber da hiess es nur Impfmittel.

Wahrscheinlich kannten sie damals mRNA noch nicht!

​​​​​​​Thailand ist: So tun als ob!