Berlin: Deutsche Corona-Experten befürchten eine neue 5. Corona-Welle

Die bekanntesten deutschen Experten, Wieler, Lauterbach, Drosten, befürchten eine neue Corona-Welle. Denn Omikron könnte noch einmal alles übertreffen, was wir in dieser Pandemie erlebt haben. Doch es gibt einen Ausweg.

Wenn es um Omikron geht, redet Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht lange um den heißen Brei herum. „Ich gehe von einer massiven fünften Welle aus“: Mit diesen Worten sorgte Lauterbach beim Besuch eines Impfzentrums am Freitag in Hannover für Aufsehen. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Omikron-Welle, vor der wir stehen, die wir aus meiner Sicht nicht verhindern können, eine massive Herausforderung wird für unsere Krankenhäuser, für unsere Intensivstationen, aber auch für die Gesellschaft in der Gänze.“

Selbst für Lauterbach, den ewigen Mahner, klingen diese Worte ungewohnt deutlich. Woher kommt der Pessimismus? Immerhin lautete der Experten-Tenor bislang eher: Wir wissen nicht genau, wie schlimm es wird, zu vieles sei noch unklar. Und die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland war zuletzt sogar rückläufig. Um 13 Prozent sei die Zahl der Neuinfizierten zwischen dem 6. und dem 12. Dezember zurückgegangen, heißt es im aktuellen Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI).

„Die Situation wird immer noch unterschätzt“

Für seine düstere Prognose blickt Lauterbach nach Großbritannien. Auf der Insel hat sich Omikron mittlerweile stark verbreitet, die Zahl der Fälle verdoppelt sich inzwischen alle ein bis zwei Tage. Ein Zeichen dafür, wie ansteckend die neue Corona-Variante sein kann. Und es sei weiter unsicher, ob Omikron bei Erwachsenen tatsächlich mildere Verläufe hervorruft als bisherige Covid-19-Erreger, warnte Lauterbach.

Was in Großbritannien derzeit beobachtet werde, übertreffe alles, was in der Pandemie bisher beobachtet worden sei, sagte der Gesundheitsminister unter Berufung auf Gespräche mit britischen Expertinnen und Experten. Und fügte hinzu: „Die Situation wird leider immer noch unterschätzt.“ Denn: Selbst wenn die Verläufe milder sein sollten, droht Omikron das durch schiere Masse wieder wettzumachen. „Da würde auch ein etwas milderer Verlauf keinen Unterschied machen“, sagte Lauterbach. Die Zahl der Sterbefälle könne durch einen abgemilderten Verlauf des Infektionsgeschehens für zwei bis drei Wochen geringer gehalten werden. Aber das Wachstum der Infektionen würde diesen Vorteil zunichte machen.

Das deutsche Sonderproblem

Das sieht auch Christian Drosten so. In einem wichtigen Punkt sei Deutschland sogar schlechter vorbereitet als Großbritannien, mahnte der bekannte Virologe von der Berliner Charité. Denn im Vergleich zu den Briten habe die Bundesrepublik „das Sonderproblem vieler ungeimpfter und nicht genesener Personen > 60“, schrieb Drosten am Freitag auf Twitter. Drosten bezog sich in seinem Tweet auf die Ausführungen des Datenjournalisten Christian Endt von Zeit Online, der basierend auf eigenen Modellierungen schlussfolgerte: „Da kommt eine Welle, sondern eine Wand.“ Er stimme damit „vollkommen überein“, schrieb Drosten.

Auch das RKI wirbt in seinem jüngsten Wochenbericht abermals für das Impfen. Denn ersten Experten-Einschätzungen zufolge reichen nicht mal zwei Impfungen aus, um vor Omikron geschützt zu sein – erst mit einer dritten „Booster-Impfung“ stelle sich der notwendige Schutz ein. Doch 24 Prozent der 18- bis 59-Jährigen und 12 Prozent der über 60-Jährigen sind nach wie vor ungeimpft.

Weihnachten nur im kleinen Kreis?

Um die Ausbreitung der Variante zu verlangsamen, hatte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag dazu aufgerufen, Weihnachten nur im kleinsten Kreis zu feiern. „Wir alle möchten ja die Feiertage mit Familie und Freunden verbringen, aber wir alle müssen auch gemeinsam dafür sorgen, dass Weihnachten nicht zu einem Kickstart für Omikron wird“, sagte er in Berlin. Er bat die Bürger „eindringlich“, die Feiertage so zu verbringen, dass sie „nicht für das Virus ein Fest“ würden.

Dass die Welle nicht mehr zu verhindern sein wird – dazu herrscht letztenendes Einigkeit. „Wir sind an einem Schlüsselpunkt der Pandemie“, sagte Lauterbach. Nun müsse schnellstmöglich „geboostert“ werden, mit Blick auf die Weihnachtstage appellierte Lauterbach an alle Bürgerinnen und Bürger, bei Reisen nach dem Grundsatz vorzugehen: „Wir schützen uns gegenseitig.“ Jeder sollte sich vorher testen lassen oder zumindest selbst testen – bevorzugt mehrfach. Vor allem für Menschen ohne Booster-Impfung sei besondere Vorsicht geboten.

Omikron als Chance? Bislang nur in der Theorie

Auch Virologe und FOCUS-Online-Kolumnist Alexander Kékulé sieht uns nunan einem „Wendepunkt der Pandemie“ angekommen . Sollten die Verläufe der Omikron-Variante tatsächlich weniger schwer ausfallen, und sollten wir die Intensivstationen irgendwie vor einer Überlastung bewahren können, dann gebe es dank Omikron sogar Grund zur Hoffnung sagt Kékulé. Denn dieses bislang nur theoretische Szenario könnte sogar bewirken, „dass die Bevölkerung auf natürlichem Wege immunisiert und gegen künftige Virusvarianten besser gefeit wird.“

Auch Drosten hält Omikron für „ein optimales Postpandemievirus“ – also eine Möglichkeit, sich ohne schwere Konsequenzen eine natürliche Immunität gegen das Virus zu holen. Auf diese Weise könnte sich die Bevölkerung eine Grundimmunität aufbauen, Virologen nennen das eine „endemische Situation“. Allerdings, so Drosten: „Deutschland ist wegen der Impflücke noch nicht bereit für die endemische Situation.“ (FOC)

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemeines veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.
2 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Sniper
Gast
Sniper
18. Dezember 2021 2:39 pm

Ich befürchte eine 5te, 6te, 7te…Welle
Mit den Wellen werden wir schon leben müssen.

Und immer schön Angst schüren! Bis auch der Letzte sich alle 14 Tage impfen lässt.

berndgrimm
Gast
19. Dezember 2021 10:42 am
Reply to  Sniper

Bei jedem Herrschaftsvolk der Geschichte kam am Ende die Lust am eigenen Untergang.Und die hat gesiegt.

Damit moechte ich nicht behaupten dass das neue Deutschland ein Herrschaftsvolk waere aber die Lust am eigenen Untergang ist durchaus vorhanden.