Thailand rutscht immer tiefer in die Krise

In Bangkok haben erneut Regierungsgegner demonstriert. Die grösste Oppositionspartei kündigte an, die auf Anfang Februar angesetzten Wahlen zu boykottieren. Das Land rutscht immer tiefer in die Krise.

Gegner der thailändischen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra haben am Sonntag ein weiteres Mal Massenproteste in Bangkok abgehalten. Die Demonstranten, die überwiegend aus Bangkoks wohlhabender Elite und Mittelschicht sowie aus dem Süden des Landes stammen, sind aus verschiedenen Stadtteilen zu fünf zentralen Kreuzungen in der Innenstadt marschiert. Die Organisatoren der Proteste sowie Medien, die der Opposition nahestehen, sprachen von 3,5 Millionen Teilnehmern. Die Polizei schätzte deren Zahl auf realistischere 135 000.

Störmanöver

Yingluck ist derzeit formell Übergangs-Regierungschefin, da sie kürzlich Neuwahlen für Anfang Februar ausgerufen hat. Die Demonstranten lehnen diese jedoch ab. Auch die monarchistische Democrat Party, die grösste Oppositionspartei, hat beschlossen, die Wahlen zu boykottieren. Der Parteichef Abhisit Vejjajiva erklärte am Samstag, das Volk habe den Glauben an das demokratische System verloren. Bereits 2006 hatte die Democrat Party Neuwahlen boykottiert, die der damalige, heftig umstrittene Ministerpräsident Thaksin Shinawatra ausgerufen hatte.

Die Partei, die vor allem die Interessen von Bangkoks traditioneller Elite und Mittelschicht vertritt, hat seit dem Jahr 1992 keine landesweiten Wahlen mehr gewonnen. Der Boykott 2006 führte zu einer offenbar wohlkalkulierten Verfassungskrise, die dem Militär anschliessend als Rechtfertigung für einen Militärputsch diente.

Eine ähnliche Verfassungskrise droht alleine durch den Boykott dieses Mal jedoch nicht. Mehrere kleinere Oppositionsparteien haben angekündigt, dass sie an den Wahlen am 2. Februar teilnehmen werden. Auch kann gemäss der im Jahr 2007 von der Militärjunta verabschiedeten Verfassung das Parlament, anders als 2006, auch dann zusammentreten, wenn nicht alle Sitze vergeben sind.

Dennoch hat sich die politische Krise durch den angekündigten Boykott der Democrat Party weiter verschärft. Denn die Regierungsgegner, die das Land seit Wochen in Atem halten, haben am Sonntag angekündigt, die Registrierung von Kandidaten durch die Wahlkommission, die am Montag beginnen soll, zu stören. Angeführt werden sie von Suthep Thaugsuban, der bis vor kurzem ein Führungsmitglied der Democrat Party war. Sein erklärtes Ziel ist es, den Einfluss der Familie Shinawatra, deren Parteien seit 2001 sämtliche Wahlen gewonnen haben, auf Thailands Politik zu brechen. Zuletzt errangen sie 2011 eine absolute Mehrheit.

Einkommensgefälle

Seine Basis hat der Shinawatra-Clan vor allem unter den Mitgliedern der niedrigeren Einkommensschichten im Norden und Nordosten des Landes. Die Regierungsgegner weisen die Annahme, dass es sich bei der Krise um einen Klassenkonflikt handle, vehement zurück. Sie bezeichnen ihre Proteste als Volksaufstand. Tatsächlich belegt jedoch eine kürzlich veröffentlichte Studie, dass es ein deutliches Einkommensgefälle zwischen den Gegnern und den Unterstützern der Regierung gibt. Auch sind seit einiger Zeit immer häufiger wohlhabende Prominente und Mitglieder von einigen der reichsten Familien Bangkoks bei den Protesten zu sehen.

Die Ziele der Demonstranten, die mit ihren Protesten Anfang November begonnen hatten, waren anfangs eher unklar. Erst später erklärten die Wortführer der Demonstranten, es gehe ihnen darum, eine «wahre konstitutionelle Monarchie» zu errichten. In dieser soll es irgendwann auch wieder Wahlen geben. Zunächst soll jedoch ein Volkskomitee, bestehend aus nichtgewählten Vertretern aller Berufsgruppen, die Regierungsgeschäfte zwei Jahre lang übernehmen und den Staat reformieren. Thailands Armee hat sich bisher weitgehend zurückgehalten.

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